Die zweite Miete
Mit den stark steigenden Energiepreisen rückt für Vermieter und Mieter in der Gewerberaummiete das Betriebskostenrecht noch weiter in den Fokus, als es bisher ohnehin schon der Fall war. Im Sprachgebrauch hat sich nicht zu Unrecht der Begriff der „zweiten Miete“ für die Betriebskosten etabliert. Je nach Objekt und Standort erreichen die Betriebskosten schon ohne Berücksichtigung der anstehenden Preissteigerungen zwischen 4,00 EUR und 19,00 EUR pro Quadratmeter und Monat. Angesichts einerseits steigender Kosten und in vielen Bereichen andererseits zurückgehender Umsätze steht zu erwarten, dass insbesondere Mieter zukünftig sehr viel genauer Betriebskostenabrechnungen kontrollieren werden.
Gesetzliche und vertragliche Grundlagen des Betriebskostenrechts
Nach dem deutschen Recht sind mit Ausnahme der Heizkosten nach der gesetzlichen Verteilung die Betriebskosten sämtlich vom Vermieter zu übernehmen (§ 535 Abs. 1 Satz 3 BGB). Für die Heizkosten existiert eine Sonderregelung in der Heizkostenverordnung. Diese sind nach zwingendem Recht nach Möglichkeit verbrauchsabhängig umzulegen.
Auch wenn es mittlerweile weitverbreitete Übung ist, Betriebskosten im Rahmen von Gewerberaummietverträgen abweichend von dem dispositiven Recht auf den Mieter umzulegen, hat sich insoweit keine stillschweigende Umlagevereinbarung herausgebildet. Vielmehr verlangt die Rechtsprechung eine entsprechende vertragliche Vereinbarung.
Insoweit sind in den Vermieterverträgen regelmäßig mehr oder weniger umfassende Regelungen enthalten. Die Vermieter sind nicht bereit, über diese Vereinbarung substantiell zu verhandeln, sondern bestehen auf der Beibehaltung des im Vertrag vorgesehenen Katalogs der umlagefähigen Kosten. Damit handelt es sich jeweils um so genannte „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ bzw. „formularvertragliche Klauseln“.
Gefahren für Vermieter und Chancen für Mieter bei formularvertraglichen Umlagevereinbarungen
Spätestens im Jahr 2005 hat der Bundesgerichtshof mit einer Leitentscheidung begonnen, diese Umlagevereinbarungen einer extrem strengen und häufig zur Unwirksamkeit von einzelnen Regelungen führenden Inhaltskontrolle zu unterwerfen. Insbesondere in einer Vielzahl von älteren Verträgen finden sich auch heute noch Klauseln und Umlagevereinbarungen, die diesen strengen Anforderungen nicht standhalten. Dies führt dazu, dass diese unwirksamen Regelungen gedanklich aus dem Vertrag herausgestrichen werden und die Kosten beim Vermieter verbleiben. Bereits insoweit ergibt sich aus Vermietersicht häufig Regelungsbedarf, um ehemals unwirksame Regelungen nunmehr in wirksame Regelungen zu überführen. Hierfür bieten die gegenwärtigen Entwicklungen, zum Beispiel Belastungen des Mieters durch COVID-19 bzw. Umsatzverluste aus den mittelbaren Folgen des Ukraine-Kriegs häufig Anlass.
Für Mieter ergibt sich spiegelbildlich dazu häufig die Möglichkeit, bei Betriebskostenabrechnungen die Positionen herauszustreichen, die nicht wirksam im Vertrag umgelegt worden sind. Dies betrifft dann nicht nur die aktuelle Abrechnung, sondern mindestens diejenigen Abrechnungen, die in den letzten drei Kalenderjahren zugegangen sind. Zumindest im Einzelfall geht die Möglichkeit der Rückforderung zeitlich betrachtet noch weiter, teilweise bis zu zehn Jahren. Die Beträge für rückforderbare Leistungen addieren sich sehr schnell auf beträchtliche Summen.
Weitere Fehlerquellen
Durch alle Gerichtsinstanzen anerkannt kommt dem Mieter in Bezug auf die abgerechneten Betriebskosten ein Einsichtsrecht in die Abrechnungsunterlagen zu. Auch hier hat die Rechtsprechung, insbesondere diejenige des BGH als dem höchsten deutschen Fachgericht, in den letzten Jahren zu einer massiven Verschärfung der Anforderungen an die Vermieter geführt. Es müssen umfangreich Unterlagen (z.B. alle Verträge, deren Kosten ganz oder teilweise in die Abrechnung eingeflossen sind, alle Rechnungen, alle Überweisungsbelege etc.) regelmäßig im Original vorgelegt werden. Darüber hinaus sind weitere Unterlagen zur Einsichtnahme zur Verfügung zu stellen, die die Überprüfung der Abrechnung erst ermöglichen, wie z.B. die Ableseprotokolle für alle verbrauchsabhängig umgelegten Positionen, alle Unterlagen zur Berechnung der Umlageschlüssel usw. Auch auf dieser Prüfungsstufe ergeben sich häufig Unzulänglichkeiten der Abrechnungen, die es aus Vermietersicht abzustellen gilt bzw. die aus Mietersicht Rückforderungspotentiale bzw. Kürzungspotentiale bei den laufenden Abrechnungen ergeben.
Schon diese begrenzten Schlaglichter auf einzelne Aspekte des Betriebskostenrechts dürften genügen, um das dort schlummernde Potential sichtbar werden zu lassen.
Seit langen Jahren betreuen wir unsere Mandanten auf Vermieter- und Mieterseite bei der Erstellung und Prüfung von Abrechnungen, der Neugestaltung von Umlagevereinbarungen, sei es bei Neuverträgen oder in Nachträgen, bzw. im Zusammenhang mit Überprüfung von Betriebskostenabrechnungen, Einsichtnahme und, wenn nötig, auch der gerichtlichen Geltendmachung von Nach- und Rückforderungsansprüchen.
Gerne stehen wir Ihnen für alle Fragen rund um das Betriebskostenrecht in der Gewerberaummiete zur Verfügung.