Eine Anpassung der Vergütung nach § 2 Abs. 3 VOB/B kann nicht verlangt werden, wenn der Vordersatz einer Position des Leistungsverzeichnisses unverändert bleibt, weil der Mengenansatz in Quadratmetern angegeben wurde und die Flächengröße gleich geblieben ist. In einem VOB/B-Einheitspreisvertrag kommt bei Mengenabweichungen ein Rückgriff auf die gesetzlichen Regelungen über die Störung der Geschäftsgrundlage grundsätzlich nicht in Betracht, so der BGH in seinem Urteil vom 10.06.2021 (VII ZR 157/20).
Dieses interessante Urteil zu § 2 Abs. 3 VOB/B sowie einige ebenso interessante wie praxisrelevante Entscheidungen zum Bau- und Architektenrecht stellen wir Ihnen in unserem neuen Newsletter vor.
Haben Sie Fragen? Fragen Sie uns!
Den Newsletter als pdf finden Sie hier.
Für die Vergütung zeitabhängiger Mehrkosten ist eine bauablaufbezogene Darstellung erforderlich
Der Auftragnehmer ist für die Tatsache, dass die Bauzeitverlängerung nicht auf von ihm zu vertretenden Umständen beruht, darlegungs- und beweispflichtig. Macht der Auftragnehmer einen Anspruch auf zeitabhängige Mehrkosten geltend, ist eine baustellenbezogene Darstellung der Ist- und Sollabläufe notwendig, die die Bauzeitverlängerung nachvollziehbar macht. Dies gilt nicht nur für Schadensersatzansprüche aus § 6 Abs. 6 VOB/B, sondern auch für Vergütungsansprüche nach § 2 VOB/B, mit denen zeitabhängige Mehrkosten geltend gemacht werden, so das OLG Köln, Urteil vom 29.08.2019 – 7 U 113/18; BGH, Beschluss vom 08.04.2021 - VII ZR 216/19 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).
Der Auftragnehmer war mit Rohbauarbeiten für die Errichtung einer Stadtbahnhaltestelle beauftragt. Die Arbeiten sollten bis zum 05.10.2012 abgeschlossen sein, wurden aber erst am 25.03.2014 abgenommen. Der Auftragnehmer verlangte bauzeitliche Mehrkosten als Vergütungsanspruch nach § 2 Abs. 2 VOB/B, da das Leistungsverzeichnis verschiedene zeitbezogene Vorhaltepositionen enthalten hat. Er berief sich auf von ihm nicht zu vertretende Umstände, wie Witterungseinflüsse, unbekannte Querungen von Kabel-Leerrohren, Änderungswünsche und mangelnde Koordination des Auftraggebers. Da der Auftragnehmer die übertragenen Leistungen unstreitig erbracht habe, müsse der Auftraggeber darlegen und beweisen, dass Ursache und Verschulden für die längere Bauzeit und die Mehrforderungen in der Sphäre des Auftragnehmers lägen.
Dieser Argumentation ist das OLG Köln nicht gefolgt. Vergütungsansprüche des Auftragnehmers für verlängerte Vorhaltung und zeitabhängige Baustellengemeinkosten wegen einer verlängerten Ausführungszeit bestünden nicht. Nach dem objektiven Willen der Vertragsparteien und vor allem auch nach dem objektiven Empfängerhorizont eines durchschnittlichen Auftragnehmers solle einem Auftragnehmer auch mit Vorhaltepositionen keine Vergütung für Verlängerungszeiträume zugestanden werden, für die er selbst die Verantwortung trage bzw. die zu seiner Risikosphäre gehörten. Anspruchsbegründende Voraussetzung sei auch bei Vorhaltepositionen, dass die Verursachung jedenfalls nicht vom Auftragnehmer zu vertreten sei. Darlegungs- und beweispflichtig sei insoweit der Auftragnehmer und nicht der Auftraggeber. Hierzu sei eine konkrete bauablaufbezogene Darstellung mit Berücksichtigung von Ausgleichsmaßnahmen erforderlich. Das gelte auch für Vergütungsansprüche nach § 2 VOB/B, mit denen zeitabhängige Mehrkosten geltend gemacht werden. Dem genügten die Darlegungen des Auftragnehmers zu den Folgen der vorgetragenen Behinderungen auf den geplanten Bauablauf insgesamt nicht.
Bei einem unveränderten Vordersatz besteht kein Anspruch auf Preisanpassung
Bleibt der Vordersatz einer Position des Leistungsverzeichnisses unverändert, weil der Mengenansatz in Quadratmetern angegeben wurde und die Flächengröße gleich geblieben ist, kann eine Anpassung der Vergütung nach § 2 Abs. 3 VOB/B nicht verlangt werden. In einem VOB/B-Einheitspreisvertrag kommt bei Mengenabweichungen ein Rückgriff auf die gesetzlichen Regelungen über die Störung der Geschäftsgrundlage grundsätzlich nicht in Betracht, BGH, Urteil vom 10.06.2021 – VII ZR 157/20.
Der Auftraggeber hatte Holzungsarbeiten öffentlich ausgeschrieben. Unter Position 01.07.0001 war die Leistung "Freischneiden und Roden" bei einem Mengenansatz von 21.200 qm beschrieben. Der Auftragnehmer hatte die Leistung zu einem Einheitspreis von 0,11 Euro pro qm angeboten. Im Rahmen der Prüfung der Auskömmlichkeit der Einheitspreise legte er seine Urkalkulation offen. Daraus ergab sich, dass er mit einem Erlös von 20 Euro pro Wurzelstock rechnete, von dem er 5 Euro als Gutschrift im Einheitspreis berücksichtigte, 15 Euro wollte er für sich behalten. Auf dem Flurstück sollten sich 4.500 Bäume befinden. Tatsächlich standen dort nur 1.237 Bäume. Der Auftragnehmer verlangte unter Berücksichtigung eines Ausgleichs für entgangenen Verwertungserlös für 3.263 Wurzelstücke eine Anpassung des Einheitspreises gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B (Erhöhung des Einheitspreises bei einer über 10 %-igen Unterschreitung des Mengenansatzes) bzw. § 313 Abs. 1, 2 BGB (Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage) auf 2,42 Euro netto pro Stück.
Dem Verlangen hat der BGH nicht entsprochen. Eine Anpassung der Vergütung nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B könne der Auftragnehmer hinsichtlich der die Wurzelstöcke betreffenden Position 01.07.0001 schon deshalb nicht verlangen, weil der Mengenansatz dieser Position in Quadratmetern und nicht in Stückzahlen angegeben worden und die Flächengröße unverändert geblieben sei. Auch habe der Auftragnehmer keinen Anspruch auf Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1, 2 BGB. Ein Rückgriff auf die gesetzlichen Regelungen zur Störung der Geschäftsgrundlage wegen Mengenabweichungen sei beim Einheitspreisvertrag grundsätzlich ausgeschlossen, soweit eine vertragliche Regelung wie § 2 Abs. 3 VOB/B vorhanden sei. Diese Bestimmung enthalte eine abschließende Regelung für die Über- wie Unterschreitung der Mengenansätze über 10% hinaus, die § 313 BGB vorgehe und die nicht auf eine bestimmte prozentuale Über- wie Unterschreitung beschränkt sei. Die Anwendung der gesetzlichen Regelungen zur Störung der Geschäftsgrundlage komme allenfalls ausnahmsweise in Betracht, wenn etwa die Parteien einer Einheitspreisvereinbarung eine bestimmte Menge zu Grunde gelegt hätten, diese bei Abgabe des Angebots und Erteilung des Zuschlags angegebene Menge zur Geschäftsgrundlage geworden sei und diese wegen gravierender Mengenabweichung und überhöhten Einheitspreises keine Grundlage mehr für eine Preisanpassung sein könne.
Kein Anspruch auf Mehrvergütung bei Beseitigung von Planungsmängeln ohne Anordnung des Auftraggebers
Ein Anspruch auf Mehrvergütung steht dem Auftragnehmer nicht zu, wenn er erkannte (Formatierungs-)Mängel "aus Zeitgründen" ohne Anordnung des Auftraggebers behebt, statt die Pläne an den Auftraggeber zurückzugeben. Hat der Auftragnehmer nach dem geschlossenen Bauvertrag die ihm übergebenen Planzeichnungen zu prüfen und dem Auftraggeber Unklarheiten anzuzeigen, ist der hiermit verbundene Aufwand mit der vereinbarten Vergütung abgegolten. Kommt im Bauvertrag ausdrücklich zum Ausdruck, dass der Auftraggeber die zur Bearbeitung und Ausführung der Leistung erforderlichen Planunterlagen selbst zur Verfügung stellen will, entspricht eine Korrektur der Planunterlagen durch den Auftragnehmer nicht dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers, so das OLG Frankfurt, Urteil vom 27.12.2019-24 U 200/18; BGH, Beschluss vom 23.06.2021 - VII ZR 12/20 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).
Die Klägerin machte Mehrkosten für Planprüfungsleistungen aus abgetretenem Recht der Firma A geltend. Mit Werkvertrag hatte die Beklagte die Firma A mit der Herstellung und Lieferung einer Sekundär-Stahlkonstruktion beauftragt. Unstreitig sollte die Firma A die Stahlkonstruktion nach den von der Beklagten zu liefernden Plänen erstellen. Aus „Zeitgründen“ hatte die Klägerin die von der Beklagten online bereit gestellten Pläne geprüft und überarbeitet. Die Klägerin hatte hierfür insgesamt 5.539 Stunden à 55 Euro berechnet, weil von der Beklagten online bereitgestellte Planzeichnungen falsch formatiert und inhaltlich unrichtig gewesen seien und deshalb hätten geprüft und überarbeitet werden müssen, um Verzögerungen bei der Auslieferung zu vermeiden. Die Klägerin verfolgte mit der Berufung ihren Anspruch auf Bezahlung von 362.527,55 Euro für Planprüfungsleistungen weiter. Ein Anspruch auf zusätzliche Vergütung hierfür besteht nach der Auffassung des OLG Frankfurt jedoch nicht.
Nach § 3 Abs. 5 des ursprünglichen Verhandlungsprotokolls sei zunächst vorgesehen gewesen, dass die Firma A verpflichtet gewesen sei, die vom Auftraggeber übergebenen Zeichnungen und Pläne auf Fehler, Vollständigkeit etc. zu prüfen. Diese Verpflichtung sei später dahin geändert worden, dass in den übergebenen Zeichnungen und Plänen gefundene Fehler innerhalb 24 Stunden nach Feststellung schriftlich anzuzeigen seien. Diese Vereinbarung ändere nichts daran, dass die Klägerin bzw. die Firma A als Auftragnehmerin verpflichtet gewesen sei, ihr übergebene Pläne zur Ausführung des Auftrages zu überprüfen. Diese üblicherweise zur vertraglichen Leistung gehörende Tätigkeit sei durch den vereinbarten Einheitspreis nach dem Gewicht der gelieferten Stahlkonstruktion abgegolten gewesen. Eine Zeitvergütung sei nicht vereinbart worden. Im Übrigen regele § 5 Abs. 3 d) des Verhandlungsprotokolls eindeutig, dass Unklarheiten durch Firma A anzuzeigen und die nötigen Entscheidungen und Übergabe der zur Ausführung benötigten Unterlagen, also insbesondere der Pläne, der Beklagten vorbehalten gewesen seien. In einem solchen Fall entspreche es nicht dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers, dass die Klägerin diesen vorgesehenen Weg aus Zeitgründen nicht beschreite, sondern die erforderliche Korrektur selbst vornehme.
Berechnung der Vergütung nach "freier" Kündigung, die tatsächlichen Kosten sind erspart
Kündigt der Auftraggeber den Bauvertrag "frei", steht dem Auftragnehmer die volle Vergütung zu. Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart. Erspart sind die Einzelkosten der Teilleistungen und die damit verbundenen Baustellengemeinkosten für die infolge der Kündigung nicht erbrachte Leistung. Maßgeblich für die ersparten Aufwendungen sind die tatsächlichen Kosten, nicht kalkulierte Kosten. Der Auftragnehmer kann zur Darlegung der ersparten Aufwendungen allerdings auf seine Urkalkulation oder eine nachträglich erstellte Kalkulation Bezug nehmen. Dem Auftraggeber bleibt dann die Möglichkeit, darzulegen und zu beweisen, dass die ersparten Aufwendungen tatsächlich höher sind, die Kalkulation also nicht zutreffend war, so das OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.08.2021 – 22 U 267/20.
Der Auftraggeber beauftragte den Auftragnehmer mit Abbruch-, Erd-, Spezialtiefbau- und Stahlbetonarbeiten. Nachdem Teile der Leistung erbracht waren, kündigte der Auftraggeber den Vertrag. Der Auftragnehmer verlangte unter anderem rund 213.000 Euro für die kündigungsbedingt nicht mehr erbrachten Leistungen.
Das OLG Düsseldorf gab ihm Recht. Im Falle einer Kündigung gemäß § 649 Satz 1 BGB alte Fassung (jetzt § 648 Satz 2 BGB) bzw. § 8 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B stehe dem Unternehmer die volle Vergütung zu. Er müsse sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspare. Erspart worden seien die Einzelkosten der Teilleistung und die damit verbundenen Baustellengemeinkosten für die infolge der Kündigung nicht erbrachten Leistungen. Maßgeblich für die ersparten Aufwendungen seien die tatsächlichen Kosten, nicht die kalkulierten Kosten. Zur Darlegung der ersparten Aufwendungen könne der Auftragnehmer allerdings auf seine Urkalkulation oder eine nachträglich erstellte Kalkulation Bezug nehmen. Dem Auftraggeber bleibe dann die Möglichkeit darzulegen und zu beweisen, dass die ersparten Aufwendungen tatsächlich höher seien, die Kalkulation also nicht zutreffend gewesen sei. Den Auftragnehmer treffe für den Vergütungsanspruch allein eine Erstdarlegungslast zu den ersparten Aufwendungen. Behaupte der Auftraggeber in Abweichung zum Zahlenwerk des Auftragnehmers, dieser habe tatsächlich höhere Beträge erspart, so trage er hierfür die weitere Darlegungs- und die Beweislast. Ein bloßes Bestreiten der Kalkulation des Auftragnehmers genüge nicht. Denn den Auftraggeber treffe die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Kalkulation falsch sei und deshalb der Auftragnehmer tatsächlich höhere ersparte Aufwendungen habe.
Unwesentliche Restarbeiten stehen der Abnahme nicht entgegen
Besteht Abnahmereife, ist der Auftraggeber zur Abnahme verpflichtet. Das Werk gilt als abgenommen, wenn der Auftraggeber die Abnahme verweigert, obwohl das Werk im Wesentlichen mangelfrei hergestellt ist (unberechtigte Abnahmeverweigerung). Handelt es sich bei den im Abnahmeprotokoll aufgelisteten Restarbeiten nur um kleinere Nachbesserungsarbeiten und geringfügige Mängel (Reinigung, Beschilderung und Beschriftung, fehlende Steckdose usw.), die als unwesentlich und geringfügig anzusehen sind, ist es dem Auftraggeber zuzumuten, das Werk als im Wesentlichen vertragsgemäß abzunehmen. Eine negative Feststellungsklage, dass ein Werk nicht abgenommen ist oder nicht als abgenommen gilt, ist zulässig, so das OLG Köln, Urteil vom 28.10.2020 -17 U 44/16; BGH, Beschluss vom 21.04.2021 - VII ZR 269/20 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen).
Die Parteien stritten über die Abnahme des Gemeinschaftseigentums einer Wohnungseigentumsanlage. 2012 stellte der Bauträger eine Wohnanlage fertig. In den Bauträgerverträgen war geregelt, dass die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch einen von den Erwerbern zu beauftragenden Sachverständigen vorzubereiten ist. Auf der Grundlage seines Protokolls sollen die Erwerber die Abnahme erklären. Im August 2012 übermittelte der Bauträger das Protokoll über die technische Abnahme des Gemeinschaftseigentums und forderte die Erwerber zur Abnahme auf. Ein Erwerber verweigerte aufgrund eines Privatgutachtens die Abnahme unter Berufung auf Restarbeiten/Mängel. Im Jahr 2014, nachdem die vom Privatgutachter beanstandeten Restarbeiten/Mängel behoben worden sind, forderte der Bauträger den Erwerber erneut zur Abnahme auf, der dies verweigerte. Der Bauträger erklärte dem Erwerber, dass er von einer Abnahme des Gemeinschaftseigentums ausgehe, weshalb dieser auf Feststellung klagte, dass die Abnahmewirkungen für ihn nicht eingetreten seien.
Die negative Feststellungsklage ist zwar zulässig. In der Sache obsiegte aber der Bauträger. Das Gemeinschaftseigentum gelte als abgenommen. Bei den im Einzelnen aufgelisteten Restarbeiten und Mängeln handele es sich nur um kleinere Nachbesserungsarbeiten und geringfügige Mängel (Reinigung, Beschilderung und Beschriftung, fehlende Steckdose usw.), die im Verhältnis zum gesamten Gemeinschaftseigentum dieser großen Eigentumsanlage als unwesentlich und geringfügig im Sinne von § 640 Abs. 1 Satz 2 BGB (alte Fassung) anzusehen seien. Sowohl nach der Verkehrsauffassung als auch nach dem Interesse der Klägerin als Bestellerin an einem mangelfreien Werk stellten diese unbedeutende Beeinträchtigungen dar, die bezogen auf den Herstellungsaufwand der Gesamtanlage mit einem geringen Aufwand für die Beklagte als Unternehmerin zu beseitigen wären. In einem solchen Fall sei es der Bestellerin zuzumuten, das Gemeinschaftseigentum als im Wesentlichen vertragsgemäß abzunehmen. Zu dem Zeitpunkt, als der Bauträger den Erwerber zur Abnahme aufgefordert habe, habe der Erwerber keine - weiteren - objektiv erkennbaren Mängelrügen "vor Augen gehabt", die ihn zu einer Verweigerung der Abnahme als im Wesentlichen vertragsgemäß hätten berechtigen können. Bestehe Abnahmereife, dann sei die Bestellerin zur Abnahme verpflichtet. Mit Ablauf der von der Beklagten gesetzten Frist zur Abnahme gelte das Gemeinschaftseigentum gemäß § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB (alte Fassung) als abgenommen.
Kleinere Planungsmängel rechtfertigen keine fristlose Kündigung
Ob ein wichtiger Grund zur Kündigung des Architektenvertrags vorliegt, ist nach Lage des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei sind zur Beurteilung der konkreten vertraglichen Situation das Interesse des einen Vertragspartners an der Lösung vom Vertrag und das Interesse des anderen an dessen Weiterbestand umfassend gegeneinander abzuwägen. Planungsmängel reichen in der Regel (noch) nicht für eine fristlose Kündigung aus. Eine Lösung des Auftraggebers vom Vertrag ist vielmehr erst zulässig, wenn der Architekt ausdrücklich auf die Folgen einer weiteren Nichterfüllung des Vertrags hingewiesen worden ist. So das OLG Celle, Beschluss vom 14.05.2018 – 14 U 57/17 hin; BGH, Beschluss vom 13.01.2021 - VII ZR 77/18 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).
Die Bauherren begehrten unter anderem die Feststellung der Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung des Architektenvertrags. Die Bauherren hatten ihre fristlose Kündigung auf eine Vielzahl von vermeintlichen Planungsfehlern gestützt. Hierbei ging es insbesondere um die Frage, ob die Oberkante des fertigen Fußbodens des Gebäudes mit 45 bis 50 cm über dem Niveau des Gehwegs zu planen war, und den Umstand, dass angeblich außergewöhnlich lange Fahrzeuge nur umständlich in der Garage abgestellt werden können. Der Architekt war der Auffassung, ein die Kündigung rechtfertigender wichtiger Grund habe nicht vorgelegen.
Dem ist das OLG Celle gefolgt und hat festgestellt, dass kein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung vorlag. Ob ein wichtiger Grund zur Kündigung gegeben sei, sei nach Lage des Einzelfalls zu beurteilen. Der wichtige Grund zur Kündigung könne in einer schweren schuldhaften Vertragsverletzung bestehen, die eine Fortsetzung des Vertrags für den Auftraggeber unzumutbar mache. Auch mehrere, im Einzelfall nicht schwerwiegende Verstöße gegen Vertragspflichten könnten ausreichen, wenn sie in ihrer Fülle bzw. Gesamtschau zu einer derart erheblichen Erschütterung des Vertrauensverhältnisses führten, dass dem Auftraggeber ein Festhalten am Architektenvertrag unzumutbar sei. In aller Regel reiche ein vertragswidriges Verhalten des Auftragnehmers aber jedenfalls zunächst noch nicht für eine fristlose Kündigung aus. Eine Lösung des Auftraggebers vom Vertrag sei vielmehr im Allgemeinen erst zulässig, wenn der Auftragnehmer ausdrücklich auf die Folgen einer weiteren Nichterfüllung des Vertrags hingewiesen worden sei, es sei denn, es sei aufgrund der tatsächlichen Umstände eine Zerstörung des Vertrauensverhältnisses wegen fehlender Kooperation des Vertragspartners anzunehmen. Die bloße Behauptung eines solchen Vertrauensverlusts genüge jedoch nicht; entscheidend sei vielmehr, dass dieser Verlust im Verhalten des anderen eine tatsächliche Grundlage haben müsse. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür trage der Auftraggeber. Weder die zur Begründung der Kündigung vorgetragenen Gesichtspunkte jeweils einzeln betrachtet noch in ihrer Gesamtheit rechtfertigten eine fristlose Kündigung.
Die Vereinbarung eines Umbauzuschlages von 0% ist wirksam
Eine schriftliche Vereinbarung, nach der zwischen den Parteien ein Umbauzuschlag von 0% vereinbart worden ist, steht den Fiktionen von § 35 Abs. 1 Satz 2 HOAI 2009 und § 6 Abs. 2 Satz 4 HOAI 2013 nicht entgegen, so dass der Auftragnehmer auch nachträglich keinen weiteren Umbauzuschlag fordern kann. Das hat das OLG Celle, mit Urteil vom 06.10.2021 -14 U 39/21 - entschieden.
Im Wege eines Stufenvertrages vergab der Auftraggeber im Juni 2010 Planungs- und Überwachungsleistungen. Dabei trug er in die Vertragsmuster bei den später streitigen Anlagengruppen einen Umbauzuschlag von "0%" ein. Die Stufe 1 wurde im zeitlichen Anwendungsbereich der HOAI 2009, die Stufe 2 in dem der HOAI 2013 abgerufen. Der beauftragte Ingenieur verlangte mit seiner Klage die Zahlung eines Umbauzuschlags von 20%.
Zu Unrecht, wie das OLG Celle nun entschieden hat. Die Vereinbarung eines Zuschlags von unter 20% und damit auch von 0% sei preisrechtlich zulässig. Mit einer solchen Vereinbarung sei auch nicht "kein Zuschlag" vereinbart worden, so dass weder die gesetzliche Fiktion des § 35 Abs. 1 Satz 2 HOAI 2009 des Ansatzes von 20% bzw. die entsprechende unwiderlegliche Vermutung des § 6 Abs. 2 Satz 4 HOAI 2013 eingreife. Die Vertragsklauseln hielten auch einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle stand. Eine vertragliche Vereinbarung, die einen Umbauzuschlag in Höhe von 0% vorsehe, verstoße nicht gegen eine gesetzliche Regelung oder deren Grundgedanken. Es handele sich lediglich um einen Zuschlag zum Honorar, der habe vereinbart werden können, aber nicht habe vereinbart werden müssen. Wenn eine gesetzliche Regelung den Parteien diese Freiräume gebe, könne es bereits keine unangemessene Benachteiligung darstellen, wenn die Parteien vertraglich keinen solchen Zuschlag vereinbarten.