Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einem Urteil vom 27.04.2021 (2 AZR 342/20) entschieden, dass ein Anspruch gemäß Art. 15 Abs. 3 DSGVO auf Erteilung von Kopien aller E-Mails, die eine Person betreffen, zu unbestimmt ist (die Pressemitteilung finden Sie hier). Leider ließen die obersten Arbeitsrichter offen, ob der geltend gemachte Anspruch überhaupt von Art. 15 Abs. 3 gedeckt sein könnte. Daher bleiben für Unternehmen in der Frage des Umfangs der Beantwortung von Auskunftsanträgen weiter Unsicherheiten.
Der Fall
Der Kläger wurde Anfang 2019 bei der Beklagten mit der Absprache eingestellt, dass er nach einer umfassenden Einarbeitung und Schulung die Position des Datenschutzbeauftragten übernehmen sollte. Dieser Plan wurde auch den Mitarbeitern der Beklagten mitgeteilt, im Arbeitsvertrag fanden sich jedoch keine Hinweise darauf. Nach gut zwei Wochen sprach das Unternehmen dem Kläger dann eine Probezeitkündigung aus.
Gegen diese Kündigung wehrte sich der Kläger mit dem Argument, dass er als Datenschutzbeauftragter Kündigungsschutz genieße. Das LAG Niedersachsen verneinte diesen Sonderkündigungsschutz. Der Kläger sei gerade noch nicht als Datenschutzbeauftragter bestellt worden, sondern sollte diese Position erst nach seiner Einarbeitung und Schulung übernehmen – entsprechend habe er auch keinen Sonderkündigungsschutz in Anspruch nehmen können.
Der Auskunftsanspruch
Im Zuge der Kündigungsschutzklage stellte der Kläger auch einen Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO. Die Beklagte erteilte daraufhin Auskunft über die verarbeiteten Kategorien personenbezogener Daten gemäß Art. 15 Abs. 1 DSGVO. Zudem stellte sie dem Kläger die gespeicherten Informationen zur Verfügung. Die vom Kläger darüber hinaus geforderten Kopien des von ihm geführten E-Mail-Verkehrs und von E-Mails, in denen er bezeichnet wird, verweigerte die Beklagte dagegen. Den geltend gemachten Anspruch auf Herausgabe dieser E-Mails wies das LAG Niedersachsen ab.
Der Anspruch des Klägers scheitere weitgehend bereits daran, dass ihm diese nach Ansicht des LAG Niedersachsens im Wesentlichen selbst vorlägen. Der Kläger habe nicht begründet, warum ihm E-Mails mit seiner Beteiligung nicht bekannt seien. Unabhängig davon gehe der Anspruch auf Erteilung von Kopien nach Ansicht des LAG Niedersachsens nicht weiter als die in Art. 15 Abs. 1 DSGVO geregelten Pflichtangaben. Gegen diese Bewertung wehrte sich der Kläger in der Revision vor dem BAG.
Die Entscheidung des BAG
Das BAG wies die Revision des Klägers gegen das Urteil des LAG Niedersachsens kostenpflichtig ab. Dies begründete das BAG damit, dass der Anspruch des Klägers zu unbestimmt gewesen sei. Die herauszugebenden E-Mails hätten in dem geltend gemachten Anspruch gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt sein müssen. Ein Anspruch auf Herausgabe aller E-Mails, die den Kläger beträfen, sei nicht vollstreckbar. Im Zwangsvollstreckungsverfahren sei nicht überprüfbar, ob die herausgegebenen Kopien alle E-Mails umfassten. Entsprechend wäre eine eidesstattliche Versicherung der Beklagten notwendig gewesen, welche im Zwangsvollstreckungsrecht nicht vorgesehen sei.
Wenn eine genaue Benennung der E-Mails mit Klageerhebung nicht möglich sei, müsse ein Kläger seinen Auskunftsanspruch im Wege der Stufenklage geltend machen. Auf diese Weise könne im Verfahren zunächst der Umfang des Anspruchs festgelegt werden (indem die Beklagte zur Abgabe einer Versicherung an Eides statt verurteilt werde) und auf der zweiten Stufe dann die Herausgabe der E-Mails geltend gemacht werden.
Umfang des Auskunftsanspruchs
Leider ließ das BAG in dem Urteil die Chance verstreichen, Klarheit zum Anspruch auf Herausgabe von Kopien gemäß Art. 15 Abs. 3 DSGVO zu schaffen. Die äußerst strittige und für die Praxis sehr bedeutsame Frage, wie umfangreich Unternehmen auf geltend gemachte Auskunftsansprüche von betroffenen Personen antworten müssen, bleibt weiterhin offen. Besonders bleibt weiterhin unklar, ob betroffene Personen Kopien der im Unternehmen vorhandenen Dokumente und E-Mails fordern dürfen oder ob eine Auskunft über die Kategorien der verarbeiteten Daten nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO ausreicht.
Fazit und Handlungsempfehlungen
Auch wenn der mögliche Inhalt von Auskunftsansprüchen weiterhin strittig ist, können Unternehmen künftig jedenfalls unbestimmte Ansprüche auf Herausgabe von Kopien abweisen. Betroffene Personen müssen ihre Ansprüche auf konkrete Dokumente richten. Voraussichtlich werden betroffene Personen wegen der Entscheidung des BAG in künftigen Verfahren Auskunftsansprüche im Wege der Stufenklage geltend machen. In welcher Art und Weise Unternehmen bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung zum Anspruch aus Art. 15 Abs. 3 DSGVO Kopien an betroffene Personen herausgeben sollten, bleibt auch fortan eine risikobasierte Einzelfallabwägung.